Ulrichskirche
 

 
 

Ein Vereinsmitglied schreibt:

Vereinsmitglied Prof. Walter Lilienblum schreibt unter der Überschrift "Meinungsäußerung zum Wiederaufbau der Ulrichskirche":

Die Feststellung, dass die Mehrheit der Magdeburger gegen die Kirche sei, ist eigentlich nicht ganz richtig. Bei der Befragung konnte man sich dafür oder dagegen eintragen oder sich auch der Stimme enthalten, indem man kein Kreuz machte oder gar nicht erschien. So gese-hen, ist es gar nicht die Mehrheit, welche dagegen stimmte. Wir waren dafür, aber vielen Magdeburgern ist es egal, ob wir die Kirche bauen. Na dann lasst sie uns bauen!  Solange die anderen in der Unterzahl sind, sollte es rechtens sein, das zu tun. Jetzt müssen wir nur weiter für unsere Ziele werben und abwarten, ob der Rat der Stadt das auch so sieht. 

Die Ulrichskirche ist als architektonisches Werk ein künstlerisches Objekt. Bei derartigen Planungen treffen meist recht gegensätzliche Vorstellungen aufeinander. In meinem Bekanntenkreis gibt es verschiedene Argumente für die Hinwendung zu anderen interessanten Bau-vorhaben. Ich hörte, dass man lieber ein Basedow-Denkmal bauen sollte oder den Kristallpa-last oder das Schiffshebewerk. Bei Kunstwerken ist es gewöhnlich immer so, dass es ziemlich viele unterschiedliche Ansichten gibt. Da ist es nahezu unmöglich, eine 50%ige Zustimmung zu erreichen. 

Hier in Magdeburg ist vor kurzem in ähnlicher Weise die Aufstellung der künstlerischen Säulen am Uni-Platz abgeschmettert worden. Man kann da kaum 50 % Begeisterung für eine ganz bestimmte Variante von Seiten der Bevölkerung erreichen. Oder nehmen wir die Parteienlandschaft. Keine unserer Parteien würde in Sachsen-Anhalt mit ihrem Programm für die Alleinregierung eine Mehrheit erhalten. Trotzdem wird regiert. Man sollte sich in diesem Sin-ne fragen: „Wenn wir demnächst irgendein Gebäude wiederherstellen - gibt es dann ein ande-res Objekt, das mehr Zustimmung erhalten würde?“ 

Ansonsten bleibt jetzt die Ausgrabung der Mauern, um dadurch, dass jeder sieht, was da Interessantes zutage gefördert wird, mehr Magdeburger anzusprechen als bisher. Ich bin op-timistisch, dass wir weiterhin durch Werbung für unsere Ziele etwas erreichen können. Schließlich hatte ich am Ulrichplatz 44 Jahre lang gewohnt, ganz oben über der Weinert-Buchhandlung, und auf die Stelle geblickt, wo die Kirche einst stand. Und ich wünschte mir schon oft, dass es dereinst zur Wiedererrichtung komme; denn ich kann mich noch an die Kirche erinnern. 10 Jahre nach dem Krieg, ich war 16 Jahre alt, stand sie mit ihren noch völlig erhaltenen Türmen nach der Enttrümmerung inmitten einer häuserlosen Einöde zwischen Bahnhof und Elbe wie ein Zeichen der Standhaftigkeit unserer Stadt. Es war dann auch so, dass der Wiederaufbau mit dem Prestige-Objekt Wilhelm-Pieck-Allee zunächst rund um die Ulrichskirche erfolgte. Die Kirche sollte nach reiflicher Überlegung eigentlich stehen bleiben, alles andere wurde anfangs nach dem Willen der Architekten drum herum gebaut.