Ulrichskirche
 

 
 

Gedenkfeier zur Sprengung der Ulrichskirche mit Expertenvortrag am Modell


Mehr als 40 Mitglieder und Freunde waren am 05. April der Einladung gefolgt, um gemeinsam der Sprengung der Ulrichskirche zu gedenken. Der erste stellv. Vorsitzende, Uwe Thal, begrüßte die Anwesenden mit herzlichen und sehr persönlichen Worten. Im Anschluss zeigte unser Mitglied, Archäologe Reiner Kuhn, anschaulich und wirklich eindrucksvoll, was Stadt- und Kirchenarchäologie geleistet haben, um Stück für Stück Perioden unserer Magdeburger Stadtgeschichte zu entschlüsseln, die bislang im Untergrund verborgen lagen. Alle Anwesenden waren sich einig, wie wichtig Suchschachtungen und die teilweise Freilegung der Fundamente der Ulrichskiche für die Geschichtsforschung sind. Mit einem gemeinsamen Picknick ging das Treffen am Bronzemodell der Ulrichskirche gegen 18 Uhr zu Ende. Ein Mitschnitt der Veranstaltung wird demnächst auf der Internetseite zu sehen sein.

Einladung zur Veranstaltung:

Liebe Mitglieder, liebe Freunde,

in wenigen Tagen, am 5. April, jährt sich zum 58. Mal die Sprengung der Ulrichskirche. Im Gedenken an diese Bilderstürmerei wollen wir miteinander den Nachmittag verbringen - würdig und interessant zugleich. Um 16 Uhr treffen wir uns am Modell der Ulrichskirche am Café Alex. Uwe Thal, 1. stellv. Vereinsvorsitzender, wird die einleitenden Worte sprechen und alle Gäste begrüßen. Im Anschluss gewährt uns Archäologe und Vereinsmitglied Rainer Kuhn interessante Einblicke in die Stadtarchäologie. Ein Thema, das gerade in den letzten Monaten wieder einmal – dank unseres Kuratoriums – Magdeburg bewegte. Er und sein Team waren es, die im Dom den Sarkophag mit den Gebeinen der Königin Editha entdeckten. Vor Ort wird er der Frage nachgehen: Was kann Stadtarchäologie leisten? Es wird also spannend auf dem Ulrichplatz. Wie immer! Wir laden Sie herzlich ein, am 5. April dabei zu sein! Bringen Sie auch Freunde und Verwandte mit! Lassen Sie uns bei schönem Wetter den Nachmittag dann mit einem kleinen Picknick beschließen. Jeder bringt dazu einfach im Korb mit, was er mag - Kuchen und Wein, Kaffee und Kekse.

Herzliche Grüße Kuratorium Ulrichskirche e.V. – Der Vorstand

<link file:247 download herunterladen der datei>Einladung downloaden hier clicken!

 


Ansprache Uwe Thal, 1. Stellvertretender Vorsitzender:

"Sehr herzlich darf ich Sie alle begrüßen!

Schön ist es, dass Sie sich aufgemacht haben, um dem Gedenken an die Sprengung der Ulrichskirche vor 58 Jahren beizuwohnen. Seit einigen Jahren ist es zu einer guten Tradition geworden, dass wir uns im Verlaufe einer Jahres der Ulrichskirche öffentlich erinnern und uns an Tagen zusammenfinden, die es wert sind, ihrer nicht nur zu gedenken sondern vielmehr gemeinsam Zeugnis darüber abzulegen, was uns gegenwärtig und zukünftig bewegt. Der heutige Tag ist einer davon. Leider ein Anlass, der zunächst wenig ermutigend wirkt.

Bei dem Wiederaufbau der Stadt nach 1945, der im Sinne der neuen, nunmehr vorherrschenden Ideologie des Sozialismus bewusst mit der bisherigen Stadtgestaltung brach, wurde die Ulrichskirche als störendes Element empfunden und am 5. April 1956 gesprengt, obwohl ein Wiederaufbau in Kosten und Aufwand der Sprengung gleichgekommen wäre. Damit verlor Magdeburg ein Gebäude, welches Stadtbild und Stadtgeschichte ganz wesentlich mitgeprägt hatte. Sieben weitere Kirchen unserer Stadt ereilte in der Folge dasselbe Schicksal. Zurück blieb damals eine eher unscheinbare Grünfläche. Zum Glück, müssen wir heute feststellen. Wäre der städtebauliche Größenwahnsinn nicht Ende 50er Jahre durch eine erste Wirtschaftskrise in der DDR gestoppt worden, würden wir heute auf einem in Stein zementierten Aufmarschplatz, der Raum für 30 bis 40000 Menschen bieten sollte und vor einem turmgekrönten Rathaus stehen; an der Stelle, wo sich hinter uns das Ulrichhaus befindet. Es fehlte also schlichtweg das Geld, um im Stil der den Platz heute umgebenen Architektur weiterzubauen. Dennoch dürfen wir niemals geringschätzen, was nach 1945 für den Wiederaufbau unserer Stadt geleistet wurde. Es war ein großes und gemeinschaftliches Aufbauwerk. Wir müssen es, um es überhaupt angemessen würdigen zu können, von dem ideologischen Ballast befreien, welcher diesen Bauten aufgebürdet wurde und wird.

Gestatten Sie mir an dieser Stelle ein persönliches Wort: Meine Familie ist seit nahezu 150 Jahren in Magdeburg ansässig. 1945 bedeutete eine große Zäsur, nicht nur für uns sondern für alle Magdeburger, die ihre Stadt lieben und verehren. Ich vertrete die Meinung, dass die mit dem Krieg verbundenen individuellen aber vor allem auch kulturellen Verluste bis heute nicht überwunden sind. Mein Großonkel war zu dieser Zeit als Leiter des Neuaufbauamtes maßgeblich für die Organisation des Wiederaufbaus der Stadt verantwortlich. 1952, nachdem er zuvor als Direktor der heutigen Magdeburger Verkehrsbetriebe berufen wurde und die Reorganisation des Betriebs der traditionsreichen Straßenbahn verantwortete, hat er die damalige DDR verlassen müssen. Er tat dies schweren Herzens, blieb jedoch immer ein treuer Magdeburger bis zum Ende seines Lebens.  Was ich damit ausdrücken möchte ist: Dieser unselige Krieg hat allen große Opfer abverlangt. Damals ging es um das blanke Überleben. Aus heutiger Sicht mag das alles unwirklich erscheinen. Umso mehr geht es jetzt darum, die historische Wahrheit, das gemeinschaftliche Erleben mit den Augen unserer Vorfahren zu betrachten. Und, wir dürfen uns nicht – damals wie heute – von Ideologien korrumpieren lassen.

Wenn wir an dieser Stelle der Sprengung der Ulrichskirche erinnern, sind deshalb jegliche Schuldzuweisungen an die Verantwortlichen nicht nur überflüssig sondern auch unangebracht. So wie wir heute dazu beitragen wollen unsere Stadt mitzugestalten, haben es Generationen vor uns getan. Geschichte ist kompromisslos; Mahnung und Erinnerung allerdings nötig und wesentlich. Nur der erhobene Zeigefinger möge gesenkt werden. Im Mittelpunkt stehen immer der Mensch und sein Schicksal. Wir müssen uns davon befreien, den möglichen Wiederaufbau der Ulrichskirche in einem Licht permanenter und uns gegenseitig – sowohl Gegner als auch Befürworter betreffend – aufreibender Auseinandersetzungen zu sehen. Es liegt uns fern, einem verlorenen Stadtbild nachzutrauern. Es ist aber möglich, einen Schatz zu entdecken. Etwas, was uns anregen kann neugierig darauf zu werden, was uns erwartet und letztlich daran erinnert, woher wir kommen.

"Was kein Auge gesehen hat und kein Ohr gehört hat und in keines Menschen Herz gekommen ist, was Gott bereitet hat denen, die ihn lieben." So steht es geschrieben in der Bibel, im 1. Brief des Paulus an die Korinther. Das sollte uns Hoffnung geben, Vertrauen bei all denen gewinnen zu können, die bereit sind unserer Stadt zum Besten zu dienen.

Liebe Freunde: Ulrichskirche lebt und bewegt!"