Ulrichskirche
 

 
 

Volksstimme-Artikel nach Pressegespräch mit OB Trümper über dessen Bürgerentscheid-Idee

Oberbürgermeister Lutz Trümper (SPD) hat sich gegen den Vorwurf des „Wegdelegierens von Verantwortung“ in Sachen Ulrichskirche gewehrt. In dieser stadtbildprägenden Frage sollten die Bürger unmittelbar mitentscheiden dürfen, sagte Trümper auf einer Pressekonferenz im Rathaus, zu der er in Folge der Volksstimme-Berichterstattung eingeladen hatte. (Von Rainer Schweingel)

Ruhig und sachlich trug OB Lutz Trümper seine Argumente zum hochemotionalen Thema Ulrichskirche vor. Die bisher dahinplätschernde Diskussion hatte seit dem 19. März an Dynamik gewonnen. An jenem Tag berichtete die Volksstimme über Trümpers Vorschlag, über den Wiederaufbau der Ulrichskirche per Bürgerentscheid abstimmen zu lassen. Damit hatte Trümper selbst für eine neue Stufe der Debatte um den Wiederaufbau der Ulrichkirche gesorgt. Nun spaltet die Idee eines Bürgerentscheids die Magdeburger ebenso wie die Sache selbst. Zuletzt hatte der Magdeburger Politikwissenschaftler Wolfgang Renzsch in einem Volksstimme-Interview unter anderem gesagt: „Ein Bürgerentscheid ist kein Ersatz für die repräsentative Demokratie, sondern ihr Korrektiv“. Insbesondere diese Aussage traf Trümper empfindlich, denn diese seiner Meinung nach einseitige Auslegung seiner Bürgerentscheid-Idee hält er für falsch. Trümper: „Die Gemeindeordnung sieht ausdrücklich zwei Wege für die Einleitung eines Bürgerentscheids vor. Den über einen Stadtratsbeschluss sowie den Weg über ein Bürgerbegehren. Einen besseren oder schlechteren Weg gibt es dabei nicht.“ Trümper trug vor der regionalen Presse noch einmal seine Argumente vor, wenngleich nicht viele neue darunter waren. Mit der Ulrichskirche, wenn sie denn komme, entstünde eine völlig neue städtebauliche Identität. Da sei es nur gerecht, wenn der Bürger mitentscheide, sagte er unter anderem. Am Dienstag hatte Trümper in der wöchentlichen OB-Beigeordnetenrunde eine entsprechende Drucksache auf den Weg gegeben. Sie beinhaltet den Vorschlag eines Bürgerentscheides und geht nun ihren parlamentarischen Weg durch die Ausschüsse. In der Juni-Sitzung soll der Stadtrat entscheiden, ob ein Bürgerentscheid stattfinden soll oder nicht. Die Fragestellung für den möglichen Bürgerentscheid wurde inzwischen verändert. Hatte Trümper bei seinem Vorschlag Mitte März noch davon gesprochen, direkt über den Bau der Ulrichskirche zu entscheiden, soll nun (siehe Info-Kasten) darüber entschieden werden, ob das städtische Grundstück für den Bau der Ulrichskirche dem Kuratorium übertragen werden soll. Trümper betonte: „Die Magdeburger sollen nicht entscheiden, ob die Ulrichskirche wieder aufgebaut werden soll. Vielmehr soll die Entscheidung in die Hände der Magdeburger gelegt werden, ob die für einen Wiederaufbau unabdingbar erforderliche Voraussetzung – die Bereitstellung des Grundstückes – durch die Stadt geschaffen werden soll.“ In der Sache aber macht das keinen Unterscheid und ist – aus rechtlichen Gründen – eher eine Formfrage, um der Gemeindeordnung zu entsprechen. Die schreibt vor, dass ein Bürgerentscheid nur über eine wichtige Gemeindeangelegenheit stattfinden kann. Der Bau selbst ist keine Gemeindeangelegenheit, die Grundstücksübertragung aber schon. Fakt ist: Sollte es zu einem Bürgerentscheid kommen und die Mindestwahlbeteiligung erfüllt werden, wird sich der Stadtrat anschließend kaum dem Bürgervotum widersetzen können. Der Bürgerentscheid soll zeitgleich mit der Landtagswahl am 20. März durchgeführt werden. Dass Trümper gerade jetzt auf eine Entscheidung drängt, begründet er so: „Der Verein ist seit Jahren aktiv. Da ist es gegenüber dem Kuratorium Ulrichskirche nur fair, die Position der Stadt zum Vorhaben zu entscheiden. Wir können ja das Kuratorium nicht jahrelang sammeln lassen und am Ende sagen: April, April. Deshalb jetzt die Entscheidung, damit alle wissen, woran sie sind.“ Unterdessen haben sich am Abend sechs Ortsvereine der SPD zur Ulrichskirche geäußert. Fazit: Einen Bürgerentscheid schließen sie nicht grundsätzlich aus, halten den Termin 20. März 2011 für verfrüht. „Das Kuratorium muss erst die Chance haben, in Vorleistung zu gehen, das Projekt vorzubereiten, Bauplanungen zu erstellen und konkrete Finanzierungs- und Nutzungskonzepte vorzulegen“, sagte Jens Rösler vom SPD-Ortsverein Ost der Volksstimme. Nach bedingungsloser Unterstützung des Parteikollegen Lutz Trümper klingt das nicht. Weitere Diskussionen sind also zu erwarten, sachlich wie emotional.