Magdeburg war die erste protestantische Großstadt im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation (HRRDN). Innerhalb der Stadt war St. Ulrich und Levin Vorreiter und Zentrum der Reformation. Nachdem sich die Ulrichsgemeinde bereits am 6. Mai 1524 einen evangelischen Prediger gewählt hatte, feierte sie am 17. Juli 2024 zeitgleich mit St. Johannis den ersten evangelischen Gottesdienst in der Stadt. Die Gemeinde bewies Mut und Entschlossenheit. Die Freiheit im Glauben hatte für sie höchste Priorität. Magdeburg machte sich hierdurch den Papst und den katholischen Kaiser zum Feind. Zum Jubiläum versandte der Verein eine Festschrift an alle Mitglieder, die auch an alle Freunde der Magdeburger Ulrichskirche gerichtet ist:
„Stolz werden auf St. Ulrich.“
Liebe Vereinsmitglieder, liebe Freunde der Magdeburger Ulrichskirche,
„wir gedenken in diesen Tagen auch viel an alles, was Magdeburg um des Evangeliums willen ausgehalten hat. Da war die Belagerung durch Moritz von Sachsen, in der Magdeburg 'unseres Herrgotts Kanzlei' wurde. Das war die Glanzzeit von St. Ulrich, denn die Pfarrherrn von St. Ulrich waren damals die treibenden schreibenden Kräfte: in der schönen Eckstraße wurden die Bücher, Zeitungen und Flugschriften bei Lotther gedruckt. Man muß Raabes Roman aus unsers Herrgotts Kanzlei lesen und man muß stolz werden auf St. Ulrich.“ Dies sind nicht etwa meine eigenen Worte, sondern die Worte des Ulrichspfarrers Heinrich Danneil (1872-1944), zitiert aus einem Bericht über die Reformationsjubelfeier und die Ulrichsgemeinde im Oktober 1917. „Stolz werden auf St. Ulrich.“ Das können wir auch im Jahr 2024, 500 Jahre nach der Stadtreformation, die die Magdeburger Ulrichskirche am 6. Mai 1524 mit der Wahl des ersten evangelischen Pfarrers der Stadt, Eberhard Weidensee (1486-1547) einleitete. Wikipedia definiert den Begriff Stolz wie folgt: „Der Stolz ist die Freude, die der Gewissheit entspringt, etwas Besonderes, Anerkennenswertes oder Zukunftsträchtiges geleistet zu haben.“ Dies hat St. Ulrich und Levin nun wahrhaftig geleistet, weshalb es nicht nur für Vereinsmitglieder im Kuratorium Ulrichskirche e.V. sondern auch für alle Bürgerinnen und Bürger der Stadt legitim wäre, stolz zu sein oder zu werden auf St. Ulrich und Levin. Die Feierlichkeiten zum 500. Reformationsjubiläum sind aktuell in vollem Gange. Am 17. Juli 2024 begehen wir ein besonderes Jubiläum innerhalb des Jubiläums: 500 Jahre ist es dann genau her, dass in St. Ulrich und Levin der erste evangelische Gottesdienst gefeiert wurde. Die Stadtpfarrkirche war Vorreiterin der Reformation in Magdeburg, sie war das Wirkzentrum der „Herrgotts Kanzlei“. In der Zeit der Reformation wurde diese Bezeichnung zum Ehrennamen und Synonym einer Stadt, die sich dem Kaiser und dem Papst heldenhaft wiedersetzte. Streit- und Flugschriften aus dem Pfarrhaus von St. Ulrich und Levin und die weltberühmten „Magdeburger Centurien“ führten in den folgenden Jahrhunderten zu einer fest im Gedächtnis der Ulrichsgemeinde und der Stadt Magdeburg verankerten protestantischen Identität. Im 19. Jahrhundert setzte der Schriftsteller Wilhelm Raabe (1831-1910) dem unverwechselbaren Namen „Unseres Herrgotts Kanzlei“ ein literarisches Denkmal. „Warum lohnt es sich, 2024 in einer Stadt mit einer mehrheitlich nicht mehr kirchlich gebundenen Bevölkerung auf die Anfänge der Reformation zurückzuschauen?“ fragt sich die Stadtbibliothek Magdeburg auf einem Banner ihrer großartigen Ausstellung „‘Unseres Herrgotts Kanzlei‘-Schätze der Stadtbibliothek aus der Frühphase der Reformation“ und gibt anschließend sinngemäß die Antwort: Bildung für alle Stadtbürger, neue Räume der Selbstermächtigung für das Individuum, medialer Austausch auch überregional, Verbreitung des Geistes des Humanismus. Zu all dem hat die Magdeburger Ulrichskirche mit beigetragen. Lassen Sie uns darum zum 500. Jubiläum einmal mehr stolz sein oder werden auf St. Ulrich und Levin.
Mit freundlichen Ulrichsgrüßen
Ihr Tobias Köppe
Vorsitzender Kuratorium Ulrichskirche e.V.