Ulrichskirche
 

 
 

Magdeburger Erklärung des Verbundes Zerstörte Kirchen

„Magdeburger Erklärung“ des Verbundes Zerstörte Kirchen zur Entscheidung des Magdeburger Stadtrats gegen eine Rekonstruktion des Portals der Ulrichskirche auf dem Ulrichsplatz


Mit großem Unverständnis haben wir den knappen Mehrheitsentscheid des Magdeburger Stadtrats gegen die Wiedererrichtung des Originalportals der Ulrichskirche an seinem ursprünglichen Standort zur Kenntnis genommen. Wir – eine Arbeitsgemeinschaft der Fördervereine und -gesellschaften, die mit Gedenk- und Wiederaufbauprojekten an zu Zeiten der DDR zerstörte Kirchen erinnern wollen – bedauern zutiefst diesen verhängnisvollen Bruch mit über 1000 Jahren ehrwürdiger Magdeburger Geschichte!

Unsere Verbundpartner setzen sich seit Jahren mit großem Engagement dafür ein, durch ideologische Willkür zerstörte Stadtbilder auch mit der Wiedererrichtung hierbei vernichteter Kirchen, die ganz oder noch teilweise erhalten waren, nachhaltig und identitätsstiftend zu „heilen“. So wird in Dresden mit der wieder aufgebauten Busmannkapelle an die von den SED-Machthabern 1964 endgültig zerstörte Sophienkirche erinnert, entsteht in Leipzig die 1968 gesprengte, bis dahin vollkommen erhaltene Universitätskirche in moderner Formensprache oder in Potsdam die ehemalige Garnisonkirche gar in ihrer äußerlich originalen Kubatur wieder. Andere Partnerprojekte haben besondere und vielfältige Formen des Gedenkens und Erinnerns entwickelt. All diese Vorhaben waren von teils heftigen Auseinandersetzungen begleitet, letztendlich aber konnten auch mitunter schmerzliche Kompromisse zu gedeihlichen Ergebnissen verhelfen. Diese Fähigkeit zum Kompromiss vermissen wir mit den nun in Magdeburg geschaffenen Tatsachen außerordentlich! Im auch für diese Stadt so bedeutenden Reformationsjahr wurde eine sowohl stadthistorische als auch kirchengeschichtliche Chance ohne Not vertan! Was nach dem Entwurf unseres Verbundpartners Kuratorium Ulrichskirche auf dem Platz hätte entstehen sollen, wäre, wie die Animation zeigt, im Platzgefüge eine architektonische und topographische "Winzigkeit",die sich dort allerdings wundervoll gemacht hätte. Schon bald wäre daraus für Magdeburg ein weiterer touristischen Anziehungspunkt geworden – das ist sicher! Die nun getroffene Entscheidung gegen das Projekt unserer Magdeburger Freunde zeugt von geschichtsvergessener Borniertheit der für den Ablehnungsentscheid Verantwortlichen. Mit der Vernichtung der im Zweiten Weltkrieg noch halbwegs intakten Ulrichskirche haben sich 1956 die damaligen Machthaber ins Unrecht gesetzt. Das ist offensichtlich und nicht interpretierbar! Hierfür – wie in der Stadtratssitzung geschehen – „korrekte“ städtebauliche Erwägungen ins Feld zu führen, mit der die SED die entstehende Fläche in Wirklichkeit für ihre Zwecke tauglich machen wollte, lässt 60 Jahre später eine damals undemokratisch getroffene Entscheidung nachträglich sakrosankt werden. Das ist unerträglich!

Es bleibt also wie so oft ein äußerst klammes Gefühl zurück: Recht bekommen heißt nicht unbedingt Recht haben!

Da jedoch auch die „Hoffnung erst zuletzt stirbt“, sei den für Magdeburg Verantwortlichen dringend ans Herz gelegt, in naher Zukunft einen neuen Anlauf für den Ulrichsplatz zu nehmen und an die einst auf ihm gestandene Kirche in würdiger Form zu erinnern. Magdeburg hätte es verdient!

Der Sprecher Rainer Manertz,  Seminarschulrat a.D.