Ulrichskirche
 

 
 

Bremer Verein will Ansgarii-Kirche wieder aufbauen

Das Kuratorium Ulrichskirche e.V. arbeitet weiter fleißig und stetig an seinem Ziel, das Portal der Ulrichskirche wieder auf dem Ulrichplatz aufzubauen und somit an Otto-von-Guerickes Taufkirche zu erinnern. Bisher wird dem Verein dieses Ziel durch eine Stadtratsmehrheit von SPD und LINKEN verwehrt. Ermutigt, an unserem Ziel festzuhalten, werden wir auch durch diese Pläne aus der Hansestadt Bremen. Hier findet sich ebenfalls bürgerliches Engagement zur Wiederherstellung eines kleinen Stücks historischen Stadtbildes. Wir wünschen den Initiatoren viel Glück und hoffen auf die Realisierung der Pläne!

Der Weser-Kurier berichtet zum Umbau des Stadtzentrums: Parkhaus-Abriss, neue Einkaufspassage: Die Bremer Altstadt könnte sich bald verändern. Wird dann auch die Ansgarii-Kirche wieder aufgebaut? Das fordert der Verein "Historisches Stadtbild Bremen".


Fünf Entwürfe brauchten die Männer vom Verein „Historisches Stadtbild Bremen“, bis sie sich auf einen Plan für die mittlere Altstadt verständigen konnten. Gesetzt war jedes Mal die Ansgarii-Kirche, deren Wiederaufbau sich der Historiker Nils Huschke und seine Mitstreiter auf die Fahnen geschrieben haben. Doch daneben gab es noch allerlei zu diskutieren und zu erwägen. Erst erstand auch das Lloydgebäude wieder im alten Glanz, büßte aber dann seinen Turm ein und erscheint in der jüngsten Version nur noch als neo-historistische Rekonstruktion. Viel internen Diskussionsstoff lieferte auch die Gestaltung des Blocks, der derzeit vom Parkhaus am Brill eingenommen wird. Architekt Axel Spellenberg schlug zunächst einen diagonalen Durchbruch bis zur Bürgermeister Smidt-Straße vor, rückte dann aber wieder davon ab. „Sonst hätte die Jugendstilfassade des früheren Schuhhauses Wachendorf entfernt werden müssen“, erklärt Huschke. „Damit hätten wir uns unglaubwürdig gemacht.“  

Schon seit Jahren predigen Huschke und seine Mitstreiter den Wiederaufbau der Ansgarii-Kirche. Ein Langzeitprojekt, wie Huschke gern betont. Doch nun läuft den Ansgarii-Freunden die Zeit davon. „Durch den Verkauf des Bremer Carrees liegt jetzt eine gewisse Dringlichkeit vor“, sagt der 46-Jährige. Und ebenso durch die Ambitionen des Bremer Bauunternehmers Kurt Zech, in der Innenstadt kräftig aufzuräumen. Bevor die Weichen gestellt werden, wollen Huschke & Co. ein Gespür für das Erbe der Vergangenheit vermitteln. Denn: „Wenn ein Investor die Geschichte nicht kennt, geht er darüber hinweg“, sagt Spellenberg.

Verein sieht die Chance, Bausünden der Nachkriegsjahre zu korrigieren

Mehr „Demut vor dem historischen Erbe“ fordert Huschke nicht nur in Sachen Ansgarii-Kirche ein. Deren Rekonstruktion begreift er als das Optimum, als „Sahnehäubchen“ einer gelungenen Neugestaltung der mittleren Altstadt. „Das Ansgari-Quartier ist ja quasi eine Jungstadt, keine Altstadt“, so Huschke. Ein Hinweis auf den Verlust des historischen Erscheinungsbildes. Der Bombenkrieg hinterließ seine Spuren, nicht nur die Ansgarii-Kirche musste dran glauben. Den Rest besorgte die wenig sensible Städteplanung nach 1945. Doch nun sehen die Ansgarii-Freunde eine historische Chance, die Bausünden der Nachkriegsjahre zu korrigieren. Auf Reset zu drücken und noch einmal von vorn anzufangen. Über den Wiederaufbau kann der Architekt Spellenberg ohnehin nur den Kopf schütteln, in seinen Augen handelt es sich um eine grandiose Fehlleistung, ein Provisorium ohne bleibenden Wert. „Der eigentliche Wiederaufbau steht erst noch bevor“, sagt der 72-Jährige.

Derweil verweist Huschke auf ähnliche Bestrebungen in anderen Großstädten. Ob in Berlin, Dresden oder Braunschweig, die Rekonstruktion historischer, stadtbildprägender Bauwerke sei in zahlreichen Orten in vollem Gange. „Nur in Bremen nicht.“ Daher dürfe es bei der Neugestaltung keine „unnötige Hast“ geben, warnt Huschke. „Bremen soll eine Chance haben, den Ansgarikirchhof als zweite Herzkammer der Altstadt wiederzugewinnen.“

Spellenberg kann sich Tiefgaragen am Brill vorstellen

Seinen Entwurf will Spellenberg keineswegs als bloße Traumtänzerei verstanden wissen, darum spielt für ihn auch das Parkplatzproblem eine entscheidende Rolle. Ihm schweben Tiefgaragen am Standort der bisherigen Parkhäuser am Brill und Mitte vor. Tiefbau sei zwar teuer. „Dafür wird aber Oberfläche frei und damit Raum für größere Vielfalt.“ Ein weiterer Grundgedanke: den Lloydhof in eine begehbare Hofstruktur einzubinden – von einem St. Ansgarii-Hof als Ersatz für das bisherige Parkhaus am Brill über den Lloydhof und den Hanseatenhof bis zum neuen Pelzerhof am Standort von Galeria Kaufhof. „Durch die Höfe wird das Ganze passagenartig, ganz ähnlich wie bei Zech“, sagt Spellenberg. Dass das Galeria Kaufhof-Gebäude fallen muss, versteht sich für ihn von selbst. Als Ersatz bringt er ein Lloydgebäude light ins Spiel, ein historisierendes Bauwerk in Anlehnung an das Londoner Kaufhaus Harrods mit kleinteiligen Geschäftsstrukturen.   

Alles nur ein Produkt überhitzter Fantasie? Davon wollen Huschke und Spellenberg nichts wissen. Vielmehr soll ihr Verein – früher „Herolde von Bremen“, jetzt gerade in der Phase der Umwidmung zu „Historisches Stadtbild Bremen“ – eine Lobbyfunktion übernehmen. Also Denkanstöße vermitteln, Alternativen aufzeigen, die sich an historischen Strukturen orientieren. Die Pelzerstraße würde wieder in voller Länge entstehen, die Große und Kleine Hundestraße aus ihrem Dornröschenschlaf geweckt. Und die Finanzierung? Den Wiederaufbau der Ansgarii-Kirche soll privates Engagement ermöglichen, gern auch ein Mäzen. Alles Weitere ist Denkstoff für Investoren.

"Man muss den Investoren zeigen, wie es aussehen könnte"

Ob die darauf anspringen, steht in den Sternen. „Wir wissen nicht, was Quest Invest vorhat“, sagt Huschke. Der neue Teileigentümer des Carrees – eine Unbekannte in den Planspielen der rührigen Stadtbildner. Völlig unklar auch, was der bekennende Bremen-Liebhaber Zech von solchen Anregungen hält. Spellenberg lässt sich davon nicht beirren. „Man muss den Investoren Bilder zeigen“, sagt er. „Ihnen zeigen, wie es aussehen könnte.“ Dass die Politik das Anliegen weitgehend ignoriert, stört die Stadtbild-Streiter nicht. Bisher hat sich nur der Bürgerschaftsabgeordnete Alexander Tassis (AfD) für den Wiederaufbau des Lloydgebäudes stark gemacht.  
  
Die Ironie an der Geschichte: Spellenberg war früher selbst einer von denen, die er heute leidenschaftlich anprangert. „Auch ich habe brutal gebaut“, sagt er selbstkritisch. In einem Buch über große Bausünden sei er sogar als abschreckendes Beispiel angeführt worden. Doch dann habe ein Umdenken eingesetzt, nun begreift er sich als Teil einer Gegenbewegung „gegen die Tabula rasa-Mentalität“ seiner Berufskollegen. „Architekten sind heute hauptsächlich nur noch Manager, mit der Detailplanung haben sie nichts mehr zu tun.“ Eine Entwicklung in der modernen Architektur kann Spellenberg nicht erkennen. Sein harsches Urteil: „Seit dem Bauhaus ist nichts Neues hinzugekommen.“      
Erst vor drei Jahren ist Spellenberg aus dem Schwäbischen nach Norddeutschland gezogen, nun wohnt er mit seiner Frau in Worpswede. Irgendwelche Ambitionen als Architekt habe er nicht, betont der 72-Jährige. „Ich bin vollkommen frei, ich brauche auf nichts Rücksicht zu nehmen.“ Gerade darum sieht er sich auch in der Rolle eines Ideengebers, der eingefahrene Strukturen im Denken der Baubehörden aufbrechen könne. Huschke will seinen Teil dazu beitragen und für eine historisch orientierte Neugestaltung werben. Denn: „Jetzt fallen die wegweisenden Entscheidungen. Deshalb müssen wir uns kurz vor Toreschluss Gehör verschaffen.“